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from Sascha Foerster

tl;dr: Ich entdecke das Buch neu und möchte Dir davon erzählen.

Einschlafritual

Bücher spielten in meinem Leben schon immer ein große Rolle. Es gab kein Einschlafen ohne ein Buch zu lesen und dann müde zu werden, das Buch auf Seite zu legen und das Licht auszuschalten. Das Buch war Garant für einfaches Einschlafen (und später lernte ich, dass sich das angelesene Wissen beim Schlafen verfestigt, darum ist Schlaf so wichtig).

In der Schulzeit gab es irgendwann eine Mediothek (mit o!) und dort lernten wir zum Beispiel im Geschichtsunterricht wie man Wissen in Büchern finden und nutzen kann. Einmal nahm mich mein Geschichtslehrer mit nach Bonn, ein Nachlass musste gesichtet werden. Mein Job war es Bücher und Dokumente aus dem 5. Stock in den Keller zu bringen. Dort stand der Kopierer. Ich legte später noch so einige Bücher auf Kopierer, später auch auf Buchscanner, deren Zeiten ich mit der Stoppuhr gemessen hatte.

Eine Kuh macht Muh, viele Kühe machen Mühe.

Und dann kam das Studium. Die Universitäts- und Landesbibliothek Bonn, kurz ULB wurde mein Wohnzimmer, manchmal auch mein Schlafzimmer, wenn mein Kopf von den vielen Büchern zu schwer wurde. Mit Blick auf den Rhein, am weißen MacBook, tippte ich die Literaturangaben in Zotero ein. Ich verlor mal kurz den Fokus und schrieb den eigenen Zitierstil, denn ich wollte so genau und so einfach wie möglich zitieren. Open-Source-Software wie Zotero hat mir da enorm geholfen in Zukunft (hoffentlich) keinen Plagiats-Skandal befürchten zu müssen.

Immer wieder stand ich in den langen Reihen des mehrstöckigen Gebäudes und angesichts der enormen Masse an Büchern fragte ich mich, wer soll das nur alles lesen. Und wie lange würde ich brauchen, wenn ich das alles lesen wollen würde (heute zeigt mir das Kindle an: 4,5 Stunden bis zum Buchende, wie im Auto-Navi). Ich blätterte weiter durch den Zettelkasten, dieser Schatzkarte zum Wissen, die am Beginn meines Studiums noch der einzige Wegweiser durch den Bücherdschungel war und dachte nicht weiter drüber nach.

Vom Herausgeben und Bücher pressen

Ich gab auch selbst ein Buch heraus und wurde so zum “Heraus-Geber”. Zusammen mit Kommilitonen aus dem Geschichtskurs sammelten wir unsere Hausarbeiten, überarbeiteten sie und erstellten unseren ersten Sammelband “Methoden und Theorien der Geschichtswissenschaft”. Wir widmeten das Buch der Muse Clio. Und wir lernten, es ist auch uns Studierenden möglich ein Buch zu schreiben. Und was Tantiemen sind, lernten wir obendrauf, es war nicht wenig Geld für uns Studierende. Also veröffentlichte ich gleich meine Magisterarbeit “Angst vor dem Koreakrieg” hinterher und lernte, dass auch WordPress mit Hilfe von PressBooks Bücher veröffentlichen kann und man mit dem Bloggen ebenfalls Tantiemen verdienen kann, wenn auch weniger als mit dem Buch.

Die Diplomarbeit in Psychologie hab ich dann mit Print on Demand veröffentlicht, denn für meine Großmutter machte es keinen Unterschied, welcher Verlagsname auf dem Buchrücken stand. Aber es machte sie stolz, dass ihr Enkel ihr ein “echtes” Buch überreichte. Self-Publishing for the win.

Die Liebesgeschichte zum Buch in Papierform hätte nach dem Studium und dem Abbruch der Promotion hier ihr Ende finden können. Es waren einfach zu viele Bücher geworden, die gelesen werden mussten. Die Pflicht nahm die Freude weg. Ich las Bücher und “Paper” (lieblos für “Papier”) nicht mehr, weil sie interessant waren, sondern weil sie relevant schienen und zitiert werden wollten. Bücher waren zur Qual geworden, der ich den Rücken kehrte, so wie der Wissenschaftskarriere.

Ich tweete, also bin ich!

Die damals 140 Zeichen langen Tweets waren das Gegenteil davon. Kleine Texthäppchen, leicht verdaulich, schnelle Glückshormone der Interaktion. Ich fuhr drauf ab. Und so ging es vom Bloggen und dem digitalen Publizieren hin zu “Social Media”, sich mit Menschen zu digitalen Themen vernetzen. Dort entdeckte ich Wissen, was es noch nicht in die Bücher geschafft hatte. Die digitale Vielfalt der Möglichkeiten sog mich hinein. Warum noch Bücher lesen, wenn ich mit den Autor*innen selbst kommunizieren kann?

Twitto, ergo sum!

Und so gingen viele Jahre ins Land, wo der Display und seine bunten blinkenden Welten zunehmend meine Aufmerksamkeit regierten. Displays im Plural müsste man sagen: Laptops, Bildschirme, Smartphones, Smartwatches. Das iPad konnte als echtes Lesegerät nicht wirklich überzeugen, zu viel Ablenkungsmöglichkeiten, zu viel “klick hier und dann läuft ein Video”. Auch ein eReader von Amazon (Kindle) schaffte es irgendwann als Geschenk für meine Liebste in unseren Haushalt. Er war bald genau so verstaubt wie die Buchrücken der wenigen Bücher, die noch im Bücherregal standen. Die meisten waren eh schon in Kartons im Keller gelandet und fristeten dort ihr schweres Dasein als Füllmaterial für Umzugskartons. Endstation Altpapier? Das brachte ich bis heute nicht übers Herz. Einige Bücher fanden ihren letzten Ausweg in die Freiheit über Bücherschränke. Kistenweise fuhr ich mit dem Lastenrad die Bücherschränke der Region ab und stopfte sie mit bedrucktem Papier voll, das mir nicht mehr wertvoll erschien, aber vielleicht irgendwann von jemand anderem neu entdeckt werden wollte.

Papa, Buch!

Drei kleine hungrige Nachwuchsgehirne, die darauf warten, das Leben und die Welt zu entdecken, wollten nicht nur mit (Daten-)Brei gefüttert werden. Das Kulturgut “Buch” zieht wieder mit Fanfaren und Gesang ins Hause Foerster ein. Und zugleich zündete sich beim Vorlesen der Kinderbücher wieder die kleine Flamme der Liebe an, die ich schon immer für das Buch spürte. So wie ich selbst als Kind nicht ohne Buch ins Bett gehen konnte, so gibt es in der Familie keinen Abend ohne Vorlesen, selbst wenn die Buchseiten nur im Eiltempo umgeklappt und Hasen dabei die Ohren gekrault werden, als wäre das Hochgeschwindigkeitsseitenumblättern eine Sportart für Hasen, die ins Bettchen rasen, gefolgt von tiefzufriedenen Schnarchgeräuschen vor der letzten Seite. Aber die Flamme war noch klein, ich las ja nur vor. Und manchmal konnte ich vorlesen ohne selbst zu lesen, was da stand, wenn ich in Gedanken noch beim Tag war oder den nächsten plante, die Zeit muss genutzt werden, Familienleben, die Zeit rast, wissen schon. Keine Zeit zum Lesen.

Die verdurstende Wissensgesellschaft

Der Wendepunkt kam erst sechs Jahre später. Das älteste Kind geht zur Schule, Buchstabe für Buchstabe wächst der Wissens- und Lesedurst und er ist einfach nicht mehr mit den hoch und tief gefüllten Bücherregalen im Kinderzimmer zu stillen, denn das Kind frisst Bücher wie andere ihre Energiedrinks leeren. Das nächste Buch, bitte. Die Eltern, voller Panik das Kind “verdursten” zu lassen suchen einen Ausweg und finden ihn, in der dörflichen und kirchlichen Bibliothek, oh du Ort der Hoffnung. Mögest Du Bücher sähen und Bildung für alle ernten.

Dort sitzen die Omas von Schulfreundinnen am Tresen und scannen und piepsen was das Zeug hält, denn hier geht es um die Zukunft für uns alle. Man glaubt es kaum, wenn man es nicht gesehen hat. Die Kinder suchen sich IHR nächstes Leseabenteuer aus und tragen es voller Stolz unterm Arm nach einem freudigen Pieps nach Hause um es kurz danach ohne Pieps vollständig verschlungen zu haben. Und weil ich ja nun eh wieder einen, nein zwei Bibliotheksausweise habe, greife ich verstohlen doch mal hier und da zu einem kleinen Magazin, ja entdecke sogar ein Buch und nehme es mal mit nach Hause. Das Magazin war schnell durchgeblättert und musste früh zurück. Das Buch lag noch was länger da. Es lag da gut auf dem Couchtisch vor dem Fernseher. Schönes Cover. Über die ersten paar Seiten ging es nicht hinaus, inhaltlich zog es mich nicht hinan in seine Welt. Die kleine Welt der lokalen Bibliothek war dann doch schnell begrenzt. Wäre ich interessiert an Gärtnerei und Glauben, Reisen und Krimis, ich wäre doch gewiss ein paar Wochen beschäftigt gewesen. Aber Management-Literatur und Software-Bücher fanden sich dort nicht.

Vom Verlegen und besser werden

Später saß ich in einem Verlag und sprach mit dem Marketing-Leiter über unsere Buch-Geschichten:

“Menschen lesen (unsere) Bücher, wenn sie sich weiter entwickeln wollen, wenn sie besser werden wollen.”

Ich stimmte zu und bekam zum Dank ein Abo für die E-Books des Verlags, die alle nach meinem Geschmack waren: Docker, Influencer-Management, Social Media von A bis Z. Und ich konnte mit dem Test-Abo unbegrenzt auf ALLES zugreifen. Zwei Tage lange war ich wie ein Junkie mit plötzlich umlimitierten Zugriff auf Drogen mit dem iPad in eine enge Verbindung gegangen und wollte es kaum loslassen: Muss. Alles. Lesen! Klar, manche Stellen überflog ich, aber viele Stellen gaben mir Worte für Dinge, die ich so noch nicht in Worte fassen konnte. Und am glücklichsten war ich natürlich, wenn ich die kleinen goldenen Wissens-Nuggets entdeckte und auf dieser Basis neue Ideen entwickeln konnte. Wahnsinn, was Bücher können. Ich fühlte mich via Neo aus Matrix, wenn er an die Computer-Hirn-Schnittstelle angeschlossen wurde und neues Wissen auf seine Neuro-Festplatte geschoben wurde. Alle Kampfsportarten in 9 Sekunden aufgespielt. Kommt her ihr Wissenslücken, ich werfe Euch auf die Matte!

Ich entdeckte die digitalen Zusatzangebote, die mit dem Bibliotheksausweis verbunden sind. Zum Beispiel die Onleihe (wie unsexy kann man eine digitale Bibliothek nennen?) Dort kann ich eBooks, eMagazine und noch mehr leihen. Ich musste also nicht mehr im Zeitschriftenregal des Supermarkts meinen Hoodie über den Kopf ziehen und die c't schnell durchblättern, nein, ich konnte sie dank meines Bibliotheksausweises ganz “in Ruhe” und legal zu Hause bei einer Tasse Kaffee im Sofasessel lesen (Papa, wo hast du das Petronella-Apfelmus-Buch hingelegt? “Was weiß ich denn? DU hast das doch ausgeliehen.” Schreikrampf gefolgt von wilder Suche auf und unter dem Sofa, End of story).

Ausgelesen

Auch das Onleihe-Angebot meiner geliebten kleinen Dorf-Bibliothek war schnell ausgekundschaftet: die Stiftungen waren getestet und schöner wohnen wollte ich nicht. Die Stadtbibliothek Bonn (im großen Haus der Bildung) gibt auch Menschen, die im Rhein-Sieg-Kreis leben einen Bibliotheksausweis. Für kleines Geld öffnen sich Türen, denn man kann nicht nur eine Onleihe nutzen, nein, jede Bibliothek hat eigene Lizenzen und damit Zugriff auf mehr und andere Inhalte. Jetzt konnte ich also c't UND das Linux-Magazin lesen. Und plötzlich waren auch die Bücher des netten Verlags aus der Nachbarschaft ein zweites Mal verfügbar (wenn auch hier oft in älteren Auflagen bzw. nicht das gesamte Sortiment). Aber das war noch nicht alles, John, ich muss verrückt sein, denn man kann über die Bibliothek auch Filme und Serien schauen! FilmFriends ist inkludiert und nun flimmern Filme mit einer Gesamtdauer von Jahren über den Display, so lange man möchte und sein Bibliotheksausweis für ein paar Kröten im Jahr verlängert. Das Filmfriends-Abo kostet im Jahr so viel wie ein Netflix-Abo mit Werbung und ohne HD im Monat. Warum bekommt nicht jeder einen Bibliotheksausweis qua Geburt, John?

Werbedauersendung

Ein bisschen Schäme ich mich auch dafür, dass ich jetzt voller Entdeckerstolz berichte, was vielleicht für andere so selbstverständlich ist wie Wasser aus der Leitung. Aber ich genieße hier gerade bildlich gesprochen ein Bad mit Kerzenlicht, nachdem ich mich jahrelang im Staub gewälzt habe. Die Liebe zum Buch brennt wieder in meinem Herzen. (Schnulzige Liebesmusik im Hintergrund, jäh unterbrochen durch Techno-Beats).

Kommen wir zurück zu den Einsen und Nullen, die sonst mein Herz bewegen. Natürlich sind digital und analog keine getrennten Welten. Das Buch sucht seinen Weg und seinen Formen natürlich auch in der Welt der digitalen Vervielfältigung. Und genau das ist das Problem: es gibt im Grunde keinen wirksamen Kopierschutz im digitalen Raum. Amazon versucht mit dem digitalen Lesegerät Kindle alle in seinem digitalen Silo zu behalten: kauf bei Amazon, lies das Buch auf dem Kindle. Und dann ist die Geschichte zu Ende. Aber was ist, wenn ich das Buch später mal auf einem anderen Lesegerät lesen möchte? Geht nicht. Bei einem anderen Händler das Buch in einem anderen Format kaufen? Geht nicht (außer das Buch hat kein “Digital Rights Management” und du schickst es uns per E-Mail zu, damit wir es für dich konvertieren). Man kauft also digitale Bücher und besitzt sie doch nicht.

Mein Freiheitsdrang sagte, ne, mein liebes Kindle, so geht das nicht. Und weil ich nicht der einzige bin, der so denkt, entdecke ich in einschlägigen Foren, das es einen “Jailbreak” für Amazons E-Reader gibt, wie früher beim iPhone. Klar, das probiere ich doch schnell aus ... [drei Wochen ziehen ins Land, stundenlange Fehlversuche und dann irgendwann im Urlaub nach Tagen in den dunkelsten Ecken von Hacker-Foren völlig übernächtigt nachts um drei Uhr ...] ... und zack, kann ich mit dem Kindle plötzlich alles tun, was ich möchte. Ich kann mit Calibre eBooks auf meinem Rechner verwalten, per WLAN auf das Lesegerät schicken und auf dem Lesegerät dank der dank Jailbreak auf dem Kindle installierten App “KOReader” alle Bücher lesen, die ich lesen möchte, ohne dabei von Amazon beim Lesen beobachtet zu werden. Ich drücke die WOW-Tasten rauf und runter, denn ich kann auch noch meine Leseliste von Internet-Seiten via Wallabag auf das Gerät schieben, Cloud-Speicher via FTP, WebDAV und Dropbox anbinden und meine Notizen und Markierungen lustig hin und her synchronisieren.

Die Gedanken sind frei.

Aber nach dem WOW kommt auch schnell das AU! Ich entdecke, das es Plugins für Calibre gibt, die das “Digital Rights Management” von eBooks entfernen. Also könnte ich diese digitalen Bücher plötzlich konvertieren, verleihen und machen was ich will, obschon es digitale Schranken geben sollte. Diese digitalen Schranken aufzubrechen ist nicht komplizierter als eine App auf dem iPhone zu installieren, es ist ein Plugin für Calibre downloaden und installieren. Ich entdecke, dass Bücher aus der Onleihe, deren automatisches Ablaufdatum eigentlich dafür sorgen soll ein “Ausleihen” zu simulieren, plötzlich kein Ablaufdatum mehr haben. Also könnte jeder die Onleihe so nutzen, dass er Bücher “ausleiht” und dann nie wieder zurückgibt. Und da es nur eine digitale Kopie war, merkt nicht mal jemand, dass das Buch irgendwo fehlt. Und dass es online Orte gibt, wo man alles runterladen und nebenbei noch ein paar Viren für den Rechner einsammelt, brauche ich wohl kaum zu erklären. Fast jedes Buch kann man auch ohne zu zahlen irgendwo in den dunklen Ecke des Netzes herunterladen. Aber Calibre zeigt auch, wo ich meine Bücher mit und ohne DRM kaufen kann, wenigstens das.

Wo es fehlt und wo es zu spüren ist: bei den Einnahmen der Verlage. Die gehen seit Jahren immer weiter runter und so ähnlich wie bei der Musik-Industrie sorgt es dafür, dass immer größere Monopole entstehen, die den immer kleineren Markt unter sich aufteilen und zu starke Abhängigkeiten entstehen. Amazon hat mit Büchern angefangen und verkauft uns jetzt alles. Der Verlag bei dem ich als Student noch publiziert habe, wurde später aufgekauft und es bleiben heute nur noch wenige Großverlage übrig. Hinter vielen Verlagsnamen, die von “Vielfalt” zeugen sollten, stecken oft nur noch einige wenige Verleger, die einfach ein paar “Marken” gekauft haben. Immer mehr Büchereien sind Teil von großen Ketten, die mit jenen Großverlagen verhandeln, welche Bücher in ihren Büchereien zu sehen ist und was nicht. Natürlich stehen die Verlage noch zusätzlich durch Digital-Druck und Self-Publishing unter Druck, denn viele Autoren umgehen einfach den Verlag und publizieren selbst.

Bücher unter Druck

Die letzte spannende Erscheinung war für mich “BookTok”, ein Kofferwort aus Books und TikTok. Wenn man TikTok öffnete, war oben rechts ein kleines Symbol, das auf den Hashtag #BookTok hinwies. Dahinter tausende Influencerinnen, die Bücher mit ihren Kurzvideos anpriesen. Und die Auswirkung davon: im Supermarkt neben den Zeitschriften (die ich heimlich las) gab es irgendwann ein BookTok-Regal, gefüllt mit den Empfehlungen der TikTok-Influencerinnen.

Ich frage mich, woher kommt das Interesse des chinesischen Mutterkonzern ByteDance an Büchern? Wollen Sie die Köpfe unserer Kinder nun vollends korrumpieren? Oder wollen sie einfach zeigen, dass man über TikTok alles verkaufen kann, sogar so einen Ladenhüter wie “das Buch”? Wollen Sie wie Amazon im Social Selling den Rang ablaufen? Ich traue ByteDance alles zu, aber ich glaube kaum, dass sich ByteDance für mehr Bildung engagiert, zumindest nicht, wenn es darum geht zu hinterfragen, welche Interessen hinter ByteDance stehen. Wenn ich mir die Empfehlung so grob anschaue, ging es auch nie um Sachliteratur, mehr um Fantasie und Romane, die aus dem Alltag und der Realität entfliehen helfen.

#IronieOn Mehr schmutzige Details über die Machenschaften erfahrt ihr später in meinem Buch “Die BookTok-Verschwörung” im ByteDance-Verlag, mit besonderer Empfehlung der kommunistischen Partei Chinas und einem Vorwort von einem Influencer, den wir morgen schon nicht mehr kennen. #IronieOff

Und jetzt? Geht in die Bibliothek, holt euch einen Bibliotheksausweis, leiht euch Bücher, Magazine und auch mal Filme. Und lest was das Zeug hält. Die Bücher, die ihr liebt, kauft ihr beim Verlag selbst oder in der Bücherei eurer Nachbarschaft, denn dort sind zauberhafte Menschen, die ihr Gehalt damit verdienen Euch im Bücherdschungel Orientierung zu geben und die Euch einen netten Satz mit nach Hause geben, wenn ihr dort ein Buch gekauft habt. Und wenn ihr Kinder habt: lest ihnen vor, egal was, notfalls die Bedienungsanleitung vom Toaster, Hauptsache: lest vor!

To long, but did read till the end

Bücher sind Energie-Riegel fürs Hirn, die nicht dick machen. Esst mehr davon!

PS: Als nächstes Schreibe ich über “das Schreiben”. Und vielleicht kann man sogar mal im Fediverse mit Bookwyrm unter Bonn.rocks Rezensionen von Büchern im Fediverse teilen, die man gelesen hat. Also Schreiben über das Lesen? Unendliche Möglichkeiten! Ein Kind ruft.

 
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from DigitalesLebenLernen

ein Kinder-Mitmach-Buch zum Nachdenken über digitale Medien in der frühen Kindheit

Morgenkreis in der Kita. Die Kinder setzen sich auf ihre kleinen, bunten Stühle in den Kreis. In der Mitte kniet Frauke, die Erzieherin. Vor ihr aufgeklappt liegt ein Buch. „Warum liegt da ein Buch, Frauke?“ fragt Mehmet, „Sonst erzählen wir uns doch immer, was wir so am Wochenende gemacht haben?“. Darauf stimmen auch Jana und Florian ein. Frauke lächelt und klappt das Bilderbuch auf. „Dieses Buch, ihr Lieben. Ist die Geschichte von der kleinen Lotta und ihrem Hund Klicks … die beiden erleben ganz schön spannende Abenteuer mit und ohne Smartphone. Am Ende des heutigen Morgenkreises lese ich Euch gerne daraus vor. Erstmal möchte ich aber, dass ihr Euch diese Doppelseite hier anschaut … Lotta sieht auf das Smartphone und überlegt, ob sie damit spielen möchte oder nicht? Wie ist das eigentlich bei Euch zu Hause …“

So oder so ähnlich begannen viele Lesungen in der Kita. Entweder vom Autor selbst oder von eine:r Erzieher:in wurde da hier vorgestellte Kinder-Mitmach-Bilderbuch „Lotta und Klicks“ eingesetzt. Als kindgerechtes, niedrigschwelliges Präventionswerkzeug mit einem spielerischen Zugang und eine spannende Vorlese-Mitmach-Geschichte, die zu einer gemeinsamen Lesezeit einlädt.

Digitale Medien und virtuelle Kommunikation sind aus unserem alltäglichen Leben nicht mehr wegzudenken. Heranwachsende kommen heutzutage automatisch bereits früh mit ihnen in Kontakt, etwa wenn sie Smartphones oder Tablets ihrer Eltern, größerer Geschwister oder Freunde nutzen. Diese Umständen stellen Pädagogik und Prävention vor neuen, besonderen, Herausforderungen. Wie können Kinder in der frühen Kindheitsphase (0-6 Jahren) in ihrem mediatisierten Heranwachsen begleitet und präventiv unterstützt werden?

Im Rahmen des Modellprojekts „DigiKids“ der HLS und der Techniker Krankenkasse entstand dafür das Kinderbilderbuch „Lotta und Klicks“. Ziel war es, ein Werkzeug gem. § 20 g SGB V zur Entwicklung und Erprobung neuer Präventionsmaßnahmen bereitzustellen, dass die Zielgruppe(n) auch wirklich anspricht, sie wirklich erreicht. Hier sollen Kinder in einer Lebensphase erreicht werden, in der gesundheitsförderliche Erlebens- und Verhaltensweisen entscheidend beeinflusst und geprägt werden können. In dieser Lebensspanne werden Grundlagen geschaffen, die es Kindern ermöglichen, selbstwirksame und selbstregulatorische Fähigkeiten im Umgang mit digitalen Medien zu erlangen und zukünftig weiter auszubilden.

Um Digitalkompetenz und damit auch eine Alltags- und Lebenskompetenz der Kinder frühzeitig und zielgerichtet zu fördern, bedarf es geeigneter Präventionsansätze. Für die Zielgruppe der Kinder in der frühen Kindheit, bedeutet dies, dass die Lebenswelttrias in ihrer Gesamtheit anerkannt und mitbedacht werden muss. Die Lebenswelt von Kindern in den ersten Lebensjahren wird v.a. durch die drei maßgeblichen institutionellen und/oder personellen Faktoren Kind (1), Kindergarten/Krippe/Hort/Kita etc.(2.) und der Familie (3) geprägt. Kinder stehen hier weniger in einem autonomen, selbstbestimmten Verhältnis, sondern sind i.S.d. Modelllernens (Badura) von ihren Role-Models abhängig. Eine geeignete Präventionsmaßnahme muss daher also, sowohl Erwachsene (meist Eltern, Pädagog:innen), als auch Kinder ansprechen.

Eine gelingende (Medien)Prävention beschränkt sich dabei nicht nur auf das Vermitteln von anwender:innen- oder gerätespezifischen Wissens, sondern behandelt auch Inhalte, wie etwa die intellektuelle und emotionale Verarbeitung von digital-medialen Impulsen. Dabei soll vor allem ein dialogischer Mediengebrauch und nicht ein linearer Medienkonsum im Zentrum stehen. Digitalkompetenz beschränkt sich, nach eigenem Verständnis, dabei nicht nur auf das Wissen, wie ein Gerät sachgemäß bedient wird. Vielmehr wird dem Verständnis der Kultur der Digitalität (Stadler) gefolgt.

In der bundesdeutschen Präventionslandschaft wird dieser Themenkomplex jedoch immer noch unterrepräsentiert behandelnd und im vorschulische Bereich nahezu überhaupt nicht beachtet. Präventionsangebote für Kinder setzen meist ab der weiterführenden Schule an. Einige wenige Angebote werden für die Grundschule vorgehalten. In vielen Familien sind digitale Reize durch Smartphone und Tablet dabei aber ständig präsent (KIM- / JIM-Studie 2018). Vor allem durch die miniKIM Studie wurde deutlich, dass schon jedes vierte Kind im Alter zwischen vier und fünf Jahren Kontakt mit digitalen Medien hat. Aktuellere Studien fehlen im deutschsprachigen oder kulturell vergleichbaren Raum für eine umfassende Betrachtung. Auch vor diesem Hintergrund ist es auch ein Anliegen dieses Kinderbilderbuches ein bedarfsgerechtes Diskursangebot zu schaffen.

Für Kinder darf idealerweise digital und analog spielerisch und natürlich miteinander verbunden sein. Digitale Medien und die Nutzung der entsprechenden Endgeräte sollen ein dialogisches Medienerleben, statt einem linearen Medienkonsum fördern. Dadurch werden Kinder dahingehend befähigt, sich in digitalen Erlebnisräumen souverän bewegen zu lernen.

„Es gibt nicht die analoge und die digitale Welt – für uns und unsere Kinder gibt es eine Lebensrealität, die beides beinhaltet.“

Damit wir Digitalkompetenz und Medienresilienz frühzeitig und zielgerichtet fördern und begleiten können, braucht es bedarfsorientierte, zielgruppenadäquate und passgenaue Präventionsansätze. Ein Kinderbilderbuch schließt also eine Lücke, die traditionelle Präventionskonzepte (für die besondere Zielgruppe) nicht leisten können. Viele klassische Präventionsmittel (Flyer, Postkarten, …) schließen Kleinkinder sogar explizit aus und adressieren vielmehr ausschließlich die Eltern oder die mit der Erziehung betrauten Personen. Für Eltern gibt es zwar eine Fülle an Ratgebern und Präventionsbroschüren, der Umfang und die Form der Aufbereitung sind jedoch für viele Familien nicht alltagsgerecht oder haben einen zu hochschwelligen Ansatz. In eben dieser Lücke positioniert sich das Kinderbilderbuch „Lotta und Klicks“. Beim Vorlesen des Buches kommen Erwachsene und Kinder spielerisch und freudvoll über das mediale Klima innerhalb der Familie in den Austausch. Ferner sind innerhalb des Buches Anspielungen für die elterliche Selbstreflexion des digitalen Medienumgangs eingebaut.

„Wir rufen gesellschaftlich nach digitalkompetenten Kindern. Dafür braucht es aber ersteimal digitalkompetent Erwachsen, die als Rollenvorbilder etwas taugen.“

Das Buch besteht zudem aus verschiedenen Ebenen, die den (Vor)Lesenden die Möglichkeit geben, sich mit medienpädagogischen Fragestellungen altersentsprechend und spielerisch auseinanderzusetzen. Darüber hinaus nehmen sie direkt – durch Mitmach-Elemente – am Fortlauf der Geschichte teil. Hier spricht das Buch eine Einladung aus, die auf für den kindlichen Mediengebrauch zu übersetzen ist: Ein Herauslösen aus der Rolle der linearen Konsument:innen und hin zu einer Rolle des kreativ Gestaltenden. Dabei hat „Lotta und Klicks“ verschiedene Einsatzmöglichkeiten. Es eignet sich für den pädagogischen Einsatz in der Kindertagestätte, ebenso wie im familiären Kontext. Neben einer kindgerechten und pädagogisch hochwertigen Aufbereitung des Themenfeldes „Digitale Medien bei Kindern in der frühen Kindheit“, sind die Doppelseiten so konzipiert, dass sie als Gesprächsimpuls z.B. in einem Morgenkreis (s. Eingangstext) oder einer Kinderkonferenz in der Kita einfach eingesetzt werden können. Die Illustrationen laden, abseits der textlichen Geschichten, dazu ein, mit Kindern über Digitale Medien in den Austausch zu kommen.

Mögliche Austauschfragen:

  1. Mit dem Smartphone kann mal viel mehr machen, als einfach nur zu telefonieren. Was weißt Du denn schon, was man mit einem Smartphone noch alles so machen kann?
  2. Wie ist das bei Dir zu Hause? Hast Du ein Smartphone oder ein Tablet schon mal in den Händen gehalten? Und wenn ja, wann?
  3. Was machst Du mit dem Smartphone oder dem Tablet?
  4. Lotta überlegt am Ende, was sie lieber machen möchte: Mit dem Hund Klicks spielen oder mit Papas Smartphone? Für was würdest Du dich entscheiden?

Aber auch im familiären Kontexten hat das Buch seinen Platz. Gerade in einer digitalisierten Gesellschaft, ist das Vorlesen eine immens wichtige und nicht zu hoch zu bewertende Maßnahme für eine gedeiliche Kindesentwicklung. Laut der Vorlesestudie 2019, lesen 32% der Eltern in Deutschland ihren Kindern wenig bis gar nicht vor.

Warum Vorlesen so wichtig ist?

• Vorlesen ist die Grundlage für eine gute Lesekompetenz • Konzentrationsfähigkeit wird gestärkt • Kreativität wird gefördert • Kognitive Fähigkeiten werden weiterentwickelt • Soziale und emotionale Kompetenzen werden ausgeprägt

„Vorlesen bedeutet immer auch gemeinsame, entschleunigte Qualitätszeit bei ungeteilter Aufmerksamkeit.“

Das Kinderbilderbuch „Lotta und Klicks“ verfolgt dabei einen hybriden Ansatz. Es ist lustvolles Vorlesewerk, es ist kreatives Mitmach-Abenteuer und eine zielgruppenspezifische, lebensrealitätsnahe Präventionsmaßnahme.


Über das Buch:

Montagmorgen bei Lottas Familie: Alle trödeln herum, Papa muss dringend noch E-Mails beantworten und drückt Lotta und ihrem kleinen Bruder Lukas so lange das Smartphone in die Hand. Nicht mal Familienhund Klicks kann die beiden ablenken, so vertieft sind sie in die digitale Welt. Über Homeoffice und Smartphone-Beschäftigung vergessen alle die Zeit. Nur Klicks nicht. Als sie dann doch noch, kurz vor knapp, in die Kita fahren, passiert es: Klicks geht verloren! Wie finden sie den Hund nun wieder? Lotta ist untröstlich. Kann da eine App auf Papas Handy helfen oder braucht es dafür etwas anderes? Diese Geschichte ist ein Mutmacher für Fantasie und erzählt von Lotta, die mit einem Lachen lernt, über den Bildschirmrand von Papas Smartphone hinauszublicken.

Link zum Buch: https://www.oetinger.de/buch/lotta-und-klicks/9783789113512

Infos zum Buch: Altersempfehlung: ab 4 Jahren ISBN: 978-3-7891-1351-2 Erscheinungstermin: 23.09.2019 Seiten: 28 Verlag: Verlag Friedrich Oetinger

 
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